Dieses Foto zeigt eine Person mit Schweißhelm und speziellen Sicherheitshandschuh beim Schweissen eines Teiles. Es sprühen Funken und man erkennt Rauch.

Die bei Schweißarbeiten entstehenden Rauche können schwere Erkrankungen auslösen.

Nahtvorbereitung, Heftarbeiten an Baugruppen, das Ziehen von Nähten oder Setzen von Schweißpunkten bis hin zur Nachbearbeitung ist Alltag in vielen metallverarbeitenden Unternehmen. Die dabei entstehenden Rauche können jedoch bis in die feinsten Verästelungen der Lunge eingeatmet werden und je nach Zusammensetzung teils schwere Erkrankungen auslösen. Schutzmaßnahmen sind vielfältig möglich und auch notwendig.

Zum Absaugen der Schweißrauche gibt es zahlreiche technische Lösungen. In der Praxis werden Filtertürme und „Push-Pull-Lüftungssysteme“ immer beliebter, insbesondere dann, wenn eine Erfassung und Absaugung an der Entstehungsstelle schwierig ist oder eines vermeintlich hohen Aufwands bedürfen. Oft ist den Betreibern solcher Anlagen nicht klar, dass der alleinige Einsatz beispielsweise der Filtertürme die Anforderungen der Gefahrstoffverordnung nicht erfüllt. Doch was muss bei der Entwicklung eines wirksamen Schutzmaßnahmenkonzepts beachtet werden?

Aktuelle Herausforderungen

In den letzten drei Jahren wurden für eine Reihe von Stoffen, die für das Schweißen relevant sind, Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW) oder Beurteilungsmaßstäbe, insbesondere für krebserzeugende Metalle und ihre Verbindungen, erheblich abgesenkt oder neu abgeleitet (siehe Tabelle unten: Übersicht über die relevanten Grenzwerte).

Die Absenkung beziehungsweise Neueinführung von Grenzwerten und Beurteilungsmaßstäben insbesondere für krebserzeugende Metalle und ihre Verbindungen hat erhebliche Konsequenzen für die Praxis: Die Gefährdungen und Schutzmaßnahmen müssen neu beurteilt werden. In den Fällen, in denen die neuen Grenzwerte und Beurteilungsmaßstäbe nicht eingehalten werden, müssen die Schutzmaßnahmen dringend optimiert werden.

Tabelle 1: Übersicht Grenzwerte Schweißen

Stoff Grenzwert Überschreitungs-
faktor
Quelle

Allgemeiner Staubgrenzwert

AGW 1,25 mg/m³ (A)
Dichte 2,5 g/cm³
AGW 10 mg/m³ (E)

8

2

TRGS 900

Arsenverbindungen, als Carc. 1A oder 1B eingestuft

TK 8,3 µg/m³ (E)
AK 0,8 µg/m³ (E)

8

TRGS 910

Cadmium und seine anorganischen Verbindungen, als Carc. 1A oder 1B eingestuft

TK 1,0 µg/m³ (E)
AK 0,16 µg/m³ (A)

8

TRGS 910

Chrom(VI)-Verbindungen

BM 1,0 µg/m³ (E)

8

TRGS 910

Cobaltmetall und seine Verbindungen

TK 5,0 µg/m³ (A)
AK 0,5 µg/m³ (A)

8

TRGS 910

Nickelverbindungen, als Carc. 1A oder 1B eingestuft

TK 6,0 µg/m³ (A)
AK 6,0 µg/m³ (A)

8

TRGS 910

Nickelmetall und Nickelverbindungen

AGW 30 µg/m³ (E)

8

TRGS 900

Mangan und seine anorganischen Verbindungen

AGW 0,2 mg/m³ (E)
AGW 0,02 mg/m³ (A)

8

TRGS 900

Stickstoff(II)-oxid

AGW 2,5 mg/m³

2

TRGS 900

Stickstoff(IV)-oxid

AGW 0,95 mg/m³

2

TRGS 900

Fluoride

AGW 1,0 mg/m³

4

TRGS 900

Kohlenstoffmonoxid

AGW 35 mg/m³

2

TRGS 900

Erläuterungen:

TK Toleranzkonzentration

AK Akzeptanzkonzentration

AGW Arbeitsplatzgrenzwert

BM Beurteilungsmaßstab, risikobasiert

(A) alveolengängige Fraktion

(E) Einatembare Fraktion

Was ist bei der Gefährdungsbeurteilung zu beachten?

Bei der Gefährdungsbeurteilung und der Festlegung der Schutzmaßnahmen sind stets die aktuellen Grenzwerte und Beurteilungsmaßstäbe für die Beurteilung der inhalativen Exposition heranzuziehen. Ebenso muss darauf geachtet werden, dass der Messwert in der gleichen Staubfraktion (s. Infokasten „Staubfraktionen“) ermittelt wurde, in der der jeweilige Grenzwert ausgewiesen ist.

Neben der messtechnischen Ermittlung der inhalativen Exposition besteht grundsätzlich die Möglichkeit, die Bewertung der Expositionssituation und die Festlegung der Schutzmaßnahmen mithilfe der „Empfehlungen Gefährdungsermittlung der Unfallversicherungsträger nach der Gefahrstoffverordnung“ (EGU) vorzunehmen. Zurzeit ist es leider so, dass im staatlichen Regelwerk und in diversen Informationsschriften zu Gefahrstoffthemen unterschiedliche, in einigen Fällen auch widersprüchliche Aussagen zu finden sind. Dies ist der Situation geschuldet, dass die Schriften teilweise veraltete Rechtsbezüge beinhalten und somit aktuelle Einstufungen und Grenzwerte von Stoffen sowie abgeleitete Schutzmaßnahmen nicht mehr dem aktuellen Stand entsprechen.

Für die Gefährdungsbeurteilung bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden Stoffen ist vom Arbeitgeber ein risikobezogenes Maßnahmenkonzept anzuwenden, z. B. das Expositions-Risikokonzept (ERB-Konzept) nach der Technischen Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 910. Dabei sind auch weitere bekannt gegebene Regeln, Erkenntnisse und Beurteilungsmaßstäbe zu beachten. Beim Schweißen von Chrom- und Nickel-haltigen Stählen muss davon ausgegangen werden, dass es zur Freisetzung krebserzeugender Chrom(VI)- und Nickelverbindungen in den Schweißrauchen kommen kann. In der TRGS 910 werden für krebserzeugende Stoffe der Kategorie 1A oder 1B die Beurteilungsmaßstäbe veröffentlicht. Mithilfe dieser Beurteilungsmaßstäbe kann die tätigkeitsbezogene Expositionssituation einem Risikobereich (niedriges, mittleres, hohes Risiko) zugeordnet werden.

Um auch für schweißtechnische Arbeiten aktuelle Hinweise zum notwendigen Schutzniveau geben zu können, wird die entsprechende TRGS 528 „Schweißtechnische Arbeiten“ derzeit überarbeitet. Berücksichtigung hierbei finden insbesondere das ERB-Konzept, die neuen Beurteilungsmaßstäbe für krebserzeugende Metalle und ihre Verbindungen sowie Informationen und Hilfen für die Gefährdungsbeurteilung. Die neue TRGS 528 wird tätigkeits- und verfahrensbezogene Vorschläge für Schutzmaßnahmen (einzeln oder in Kombination) enthalten und bewährte Maßnahmen einschlägiger Branchen darstellen.

Staubfraktionen

Für die Bewertung der Eigenschaften und einer möglichen gesundheitsschädlichen Wirkung unterscheidet man bei den Staubfraktionen zwischen der einatembaren (E) und der alveolengängigen (A) Fraktion. Sind Partikel in der Luft kleiner als 100 µm, gelten sie als einatembar. Bei einer Größe von weniger als 10 µm sind sie alveolengängig. Das heißt, sie können aufgrund ihrer geringen Größe bis in die Lungenbläschen vordringen.

Die neue TRGS 528 – ein Ausblick

In der TRGS 528 werden, wie auch bisher schon, allgemeine Vorgaben zur Gestaltung von Schutzmaßnahmen aus der Gefahrstoffverordnung für schweißtechnische Arbeiten konkretisiert. Kann bei schweißtechnischen Arbeiten eine Exposition von Beschäftigten nicht vermieden werden, ist diese durch Anwendung geeigneter Schutzmaßnahmen zu minimieren. Bei der Umsetzung der Schutzmaßnahmen ist grundsätzlich folgende Rangfolge zu berücksichtigen:

  1. Substitutionsprüfung: Auswahl von gefahrstoffarmen Verfahren sowie Werkstoffen und Zusatzwerkstoffen
  2. Lüftungstechnische und bauliche Maßnahmen
  3. Organisatorische und hygienische Maßnahmen
  4. Persönliche Schutzmaßnahmen.

Die Maßnahmen sind so auszulegen, dass die Grenzwerte eingehalten werden. Häufig reicht die Wirksamkeit einer einzelnen Maßnahme nicht aus, sodass eine Kombination verschiedener Maßnahmen umgesetzt werden muss.

Bei Verfahren mit niedriger und mittlerer Emission ist in der Regel mindestens eine wirksame Absaugung an der Entstehungsstelle erforderlich. Bei Verfahren mit hoher beziehungsweise sehr hoher Emission sind in der Regel zusätzliche Schutzmaßnahmen für Schweißer und andere Beschäftigte im Gefahrenbereich einzusetzen.

Bei schweißtechnischen Arbeiten beeinflussen sehr viele Parameter wie zum Beispiel das Schweißverfahren, Art des Prozesses, Lage und Länge der Schweißnähte sowie Größe und Stückzahl der Bauteile die Gestaltung eines wirksamen Schutzmaßnahmenkonzepts. Eine starre Umsetzung der genannten Reihenfolge ist in der Praxis daher nicht immer zielführend. Als Ergebnis einer fachkundigen Gefährdungsbeurteilung kann daher auch ein Schutzmaßnahmenkonzept resultieren, das von der oben dargestellten Rangfolge abweicht.

Wenn mit einer dem Stand der Technik entsprechenden Absaugung an der Entstehungsstelle die Einhaltung der Grenzwerte nicht gewährleistet ist, muss der Schweißer zusätzlich geeigneten Atemschutz tragen. Um andere Beschäftigte in dem Gefahrenbereich zu schützen, ist bei Nichteinhaltung der Grenzwerte zu prüfen, ob bauliche (räumliche Trennung) oder organisatorische Maßnahmen (zum Beispiel Minimierung der Anzahl exponierter Personen, Durchführung der schweißtechnischen Arbeiten am Ende des Arbeitstages) umgesetzt werden können. Wenn diese Maßnahmen nicht geeignet oder nicht möglich sind, müssen raumlufttechnische Maßnahmen ergriffen werden. Wenn auch die Lüftung des Arbeitsraums nicht für die Einhaltung der Grenzwerte ausreicht, müssen alle Beschäftigten im Gefahrenbereich geeigneten Atemschutz tragen.

Lüftungstechnische Maßnahmen müssen so gestaltet sein, dass Schweißer und andere Beschäftigte geschützt sind und eine Ausbreitung der Schweißrauche und -gase aus dem Arbeitsbereich vermieden wird, soweit dies nach dem Stand der Technik möglich ist. Vorrangig hat dies durch eine Absaugung an der Entstehungsstelle zu erfolgen. Als zusätzliche lüftungstechnische Maßnahme kann eine technische Raumlüftung erforderlich sein.

Dabei soll die Luftführung so konzipiert sein, dass nicht erfasste Gefahrstoffe aus dem Atembereich des Beschäftigten durch Ausnutzen der beim Schweißen entstehenden Thermik verdrängt werden. Hierfür hat sich die Quelllüftung mit der damit verbundenen Schichtenströmung als besonders geeignet erwiesen. Das Prinzip der Schichtenströmung (häufig auch als Schichtlüftung bezeichnet) wird anhand eines Strömungsmodells in einem Kurzfilm des Instituts für Arbeitsschutz (IFA) anschaulich erklärt (siehe „info“).

Ein Facharbeiter schweißt ein Maschinenteil. Er trägt entsprechende Schutzkleidung einen Helm, Schutzanzug und Schutzhandschuhe. Schweißrauche sind zu erkennen, deswegen sind Schutzmaßnahmen zwingend erforderlich.

Damit Schweißrauche nicht die Gesundheit gefährden, sind Schutzmaßnahmen zwingend

Filtertürme, Push-Pull-Lüftungssysteme und Co.

Die Begriffe „Luftreiniger“ und „Push-Pull-Lüftungssysteme“ sind nicht einheitlich definiert und werden daher in der Praxis für verschiedene lüftungstechnische Einrichtungen verwendet. Nachfolgend sind damit Filtergeräte gemeint, die Luft im Raum/in der Halle ansaugen, durch Filter reinigen und wieder in die Halle rückführen. Einige Geräte sind zertifiziert mit der Schweißrauchabscheideklasse W3. Des Weiteren können diese Einrichtungen zusätzlich über thermodynamische Behandlungsfunktionen (zum Beispiel Kühlen) verfügen. In der Praxis verfügen solche Filtertürme meist weder über einen Anschluss für die Ansaugung von Außenluft noch über Erfassungseinrichtungen (zum Beispiel Düsenplatte, Trichter oder Ähnliches).

Bei den Push-Pull-Lüftungssystemen soll es durch horizontal gegenüberliegende Anordnung der Ansaug- und Ausblasstellen durch den „Push“-Effekt des Blasstrahls und den „Pull“-Effekt des Saugstrahls zur Ausbildung einer Querlüftung kommen.

Insbesondere bei der Bearbeitung größerer Bauteile kann eine Erfassung in unmittelbarer Nähe der Entstehungsstelle häufig technisch nicht umgesetzt werden. Die Planung und Umsetzung einer raumlufttechnischen Anlage ist außerdem in der Regel mit hohen Kosten verbunden und erfordert das Anlegen von Rohrleitungssystemen. Die Anschaffung eines Filterturms oder Push-Pull-Lüftungssystems scheint dann die einfachste Lösung. Den Betreibern ist in der Regel jedoch nicht bewusst, dass der Einsatz von Filtertürmen beziehungsweise Push-Pull-Lüftungssystemen als alleinige lufttechnische Maßnahme einen Verstoß gegen die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) darstellt. Denn sie verfügen über keine Erfassungseinrichtungen und erfüllen damit nicht die Forderung nach GefStoffV §7 und Anhang I Nummer 2.3.

Aufgrund der fehlenden Erfassung an der Entstehungsstelle bleibt beim alleinigen Einsatz von Filtertürmen der Atembereich des Beschäftigten weiterhin mit Gefahrstoffen wie zum Beispiel Schweißrauchen belastet. Erste personengetragene Gefahrstoffmessungen in solchen Bereichen zeigen, dass die Exposition der Beschäftigten gegenüber Gefahrstoffen nicht abnimmt, obwohl es durchaus sein kann, dass die allein visuelle Wahrnehmung etwas anderes aussagt.

Als weitere Folge der fehlenden Erfassung an der Entstehungsstelle treten durch alleinigen Einsatz von Lüftungsverfahren ohne Erfassungselemente Verschleppungen der Gefahrstoffe in unbelastete Bereiche auf. Eine Exposition von Beschäftigten in benachbarten Bereichen kann demzufolge so nicht vermieden werden. Dies gilt auch für sogenannte zertifizierte Geräte, zum Beispiel Schweißrauchabscheider der Schweißrauchklasse W3 oder Entstauber der Staubklasse H. Sie garantieren lediglich eine sehr gute Abscheidung.

Eine wirksame Schutzmaßnahme, hier Absaugung und Filterung, setzt jedoch zuerst eine möglichst vollständige Erfassung voraus. Denn Stäube oder Rauche, die nicht erfasst werden, können auch nicht abgeschieden (beziehungsweise gefiltert) werden. Damit wird die Wirksamkeit der Schutzmaßnahme „Absaugung“ im Wesentlichen durch den Erfassungsgrad bestimmt.

Fazit

Aufgrund der Vielzahl verschiedener Einflussparameter bei schweißtechnischen Arbeiten einerseits und sehr niedrigen Grenzwerten und Beurteilungsmaßstäben andererseits stellt die Umsetzung eines wirksamen Schutzmaßnahmenkonzepts eine besondere Herausforderung dar. Primär und vorrangig sollte stets die möglichst vollständige Erfassung und Absaugung an der Entstehungsstelle (zum Beispiel auch brennerintegrierte Lösungen) umgesetzt werden. In vielen Fällen wird eine Kombination verschiedener Maßnahmen erforderlich sein.

Vom alleinigen Einsatz lüftungstechnischer Lösungen ohne Erfassungselemente (zum Beispiel Filtertürme, Push-Pull-Lüftungssysteme) sollte hingegen abgesehen werden. Es wird empfohlen für Beratung, Planung und Umsetzung absaug- beziehungsweise lüftungstechnischer Einrichtungen und Anlagen kompetente Fachfirmen zu beauftragen.

Dr. Susanne Causemann (Quelle: „Sicherheitsingenieur“ 10/2018)