âWas hat den höheren Lichtschutzfaktor â Kokosöl oder Nutella?â Emely Chaudry und Melissa Moldauer blicken in ratlose Gesichter. Die beiden kaufmĂ€nnischen Auszubildenden der WEVG - haben fĂŒr ihr Sonnenschutz-Quiz Fragen vorbereitet, die es in sich haben. âKokosöl?â, mutmaĂt schlieĂlich ein Zuhörer. âLeider falschâ, sagt Chaudry. Und erklĂ€rt: Nutella hat einen Lichtschutzfaktor von neun, Kokosöl einen von acht. âZum Schutz vor UV-Strahlung reicht aber beides nicht aus, da mĂŒsst ihr Sonnencreme verwendenâ, betont sie. Allgemeines Nicken, allgemeines Lachen.
Das Sonnenschutz-Quiz ist Teil zweier Aktionstage zum Thema Hautschutz, die die Auszubildenden des Unternehmens aus Salzgitter auf die Beine gestellt haben. Solche Aktionstage gibt es bei der WEVG jedes Jahr, organisiert von den Azubis in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsschutz- und Gesundheitsmanagement und dem Betriebsrat des Unternehmens. Ziel ist es, sich nicht nur ĂŒber Themen rund um Sicherheit und Gesundheit zu informieren, sondern die Informationen auch so aufzubereiten, dass alle Kolleginnen und Kollegen einen Mehrwert fĂŒr Beruf und Freizeit haben.
Und zwar explizit nicht nur die, die im AuĂendienst unterwegs und deshalb im Laufe eines Arbeitstags viele Stunden der Sonne ausgesetzt sind, betont Karsten Götz, Fachkraft fĂŒr Arbeitssicherheit bei WEVG: âEinen Sonnenbrand kann man sich in der Freizeit ebenso wie auf der Arbeit holen, und gefĂ€hrlich ist das immer. Deshalb ist das eine Veranstaltung fĂŒr das gesamte Unternehmen.â
UV-Scanner und Mini-Kino
Götz hat das Konzept fĂŒr die Hautschutztage gemeinsam mit seiner Kollegin Nicole Möker entwickelt und an die Azubis herangetragen. âSensibilisiert hat uns die Teilnahme an dem Pilotworkshop âPrĂ€vention von berufsbedingten Hautkrebsâ des Instituts iDerm der UniversitĂ€t OsnabrĂŒck, wo unter anderem edukative Elemente fĂŒr die PrĂ€ventionsarbeit in der Praxis erprobt und reflektiert wurdenâ, erklĂ€rt Götz. Seitdem steht das Thema Hautschutz auf seiner Agenda noch weiter oben. Im Laufe der Planungen nahm Götz auch Kontakt zur BG ETEM auf, die die Aktionstage nun als Projektpartnerin mit Fachwissen und eigenen StĂ€nden unterstĂŒtzt.
Das Konzept war vorgegeben, umgesetzt haben die Auszubildenden der WEVG die Ideen zum groĂen Teil selbststĂ€ndig. Fachlich unterstĂŒtzt wurden sie dabei unter anderem von Frau Dr. Michaela Ludewig von der UniversitĂ€t OsnabrĂŒck und Gabriele Franke, Strahlenschutzexpertin bei der BG ETEM.
Mitte Juli stehen auf dem BetriebsgelĂ€nde verteilt insgesamt neun Stationen mit Informationen und Angeboten, an denen die Belegschaft sich ĂŒber Haut- und UV-Schutz informieren kann â und zwar ganz praktisch: An einem Stand können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihren Hauttyp bestimmen lassen, an einem anderen mithilfe eines UV-Scanners von der Sonne hervorgerufene HautschĂ€den sichtbar machen.
Ein Hersteller von UV-Schutzcreme hat Probetuben fĂŒr den Aktionstag zur VerfĂŒgung gestellt. Den Effekt können die BeschĂ€ftigten direkt ĂŒberprĂŒfen, indem sie vor einer UV-Kamera Platz nehmen: Sie macht Bereiche erkennbar, die beim Eincremen ĂŒbersehen wurden. Auch ein Mini-Kino mit Filmen zum Thema ist Teil des Ganzen: Dort lĂ€uft unter anderem der âRiskBusterâ-Film der BG ETEM ĂŒber UV-Schutzkleidung.
Sichtbare UV-Strahlung
An den Stationen der BG ETEM können die BeschĂ€ftigten ihre Brille an einem GerĂ€t testen, ob die BrillenglĂ€ser mit UV-Schutz ausgestattet sind oder die UV-Belastung unter freiem Himmel gegenĂŒber der Belastung in einem vor Sonne schĂŒtzenden Zelt messen. Gabriele Franke, erklĂ€rt den Besucherinnen und Besuchern den UV-Index: Er dient als internationales PrognosemaĂ fĂŒr die höchste BestrahlungsstĂ€rke der Sonne an einem Tag. âDiese Tage sind ein guter Weg, das Thema weiterzugeben, denn gerade die Auszubildenden in AuĂenberufen haben noch ein ganzes Berufsleben vor sich, an dessen Ende dann eben das Risiko einer Hautkrebserkrankung ansteigtâ, sagt Franke. Auch das Konzept eines monothematischen Gesundheitstages findet sie ĂŒberzeugend: âDieser Ansatz ist innovativ, alle Beteiligten sind sehr engagiert â deswegen unterstĂŒtzen wir hier gerne.â
Dorian Bartels und Pascal Brunke, beide kaufmĂ€nnische Auszubildende der WEVG, zeigen an ihrem Stand, wie UV-Schutzcremes wirken: In kleinen SchĂ€lchen liegen Perlen aus Plastik, zum Teil mit aufgetragener Cremeschicht. Die unterschiedlichen VerfĂ€rbungen der Perlen unter einer UV-Lampe zeigt die Wirkung eindrucksvoll. Direkt nebenan lĂ€sst sich der UV-Schutz von Badebekleidung prĂŒfen. âDas Interesse bei den Kolleginnen und Kollegen ist auf jeden Fall da, sie gucken hier zum Teil sehr ausgiebig. Ist ja auch ein wichtiges Thema, vor allem fĂŒr die Kolleginnen und Kollegen auf den Baustellenâ, sagt Bartels.
Schutz muss auch SpaĂ machen
Im Workshop von Dr. Christine Gericke, Arbeitspsychologin bei der BG ETEM, sind die BeschĂ€ftigten gefragt: Sie spricht mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern darĂŒber, ob und wie sie sich in ihrer Freizeit und auf der Arbeit vor UV-Strahlung schĂŒtzen. Die meisten tragen Hut oder Kappe, cremen sich regelmĂ€Ăig ein. Manche haben Hautkrebs-Betroffene im Verwandtenkreis und achten umso mehr darauf, sich zu schĂŒtzen. Andere verzichten bislang komplett auf Sonnenschutz.
Im Lauf des Workshops erarbeitete Gericke mit der Gruppe, wie das Prinzip des âAnstupsens" â so die deutsche Ăbersetzung von ânudgingâ â im Bereich Arbeitssicherheit und speziell beim Thema Haut- und UV-Schutz funktionieren kann. Die Ideen aus der Belegschaft sind vielfĂ€ltig: SonnenhĂŒte hĂŒbscher gestalten, FlĂ€schchen mit Sonnenschutzmittel am Spind befestigen, eine freundliche Erinnerung ans Eincremen beim Herunterklappen der Sonnenschutzblende im Auto, und so weiter. âDer SpaĂfaktor spielt beim Nudging eine wesentliche Rolleâ, sagt Gericke.
Insgesamt dauert ein kompletter Rundgang ĂŒber alle Stationen etwa dreieinhalb Stunden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter machen die Runde in Kleingruppen, so dass an den zwei Tagen jeder die Chance hat, sich umfassend zu informieren. âGute Sache hierâ, findet Timo Völz, der als AuĂendienstler unter anderem fĂŒr Wasserleckortung und RohrnetzĂŒberprĂŒfung im Wassernetz zustĂ€ndig ist. Völz steht gemeinsam mit seinem Kollegen Richard Heimbichner am Stand eines Herstellers von UV-Schutzkleidung, der diverse Produkte vorstellt: Langarmshirts, HĂŒte, Kappen. âWir sind noch auf der Suche nach dem perfekten Nackenschutzâ, sagt Völz. Favorit am ersten Tag ist ein grauer Safarihut.
Mitarbeiterbeteiligung an der Auswahl und Beschaffung
Es ist kein Zufall, dass Hersteller von UV-Schutzkleidung und Sonnenschutzmittel beim Hautschutztag prĂ€sent sind. Sicherheitsfachkraft Götz möchte die Aktionstage nutzen, um Entscheidungen fĂŒr die Zukunft treffen zu können: Denn die WEVG will ihren BeschĂ€ftigten im AuĂendienst kĂŒnftig nicht nur die obligatorische Sonnenschutzcreme, sondern auch Kopfbedeckungen und UV-Schutzkleidung zur VerfĂŒgung stellen. âWir geben den Kolleginnen und Kollegen hier die Möglichkeit, die entsprechenden Produkte anzufassen, zu testen und zu bewerten. Das hilft uns bei der Beschaffung und erhöht die Trage- und Anwendungsbereitschaftâ, sagt Götz. Am UV-Schutzbrillen-Stand haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ebenfalls die Möglichkeit, ihre Favoriten anzugeben. Also: Mitspracherecht und Live-Tests vor Ort. Damit macht die WEVG vieles richtig, was Fachleute immer wieder raten: BeschĂ€ftigte in die Auswahl von Arbeitskleidung und -utensilien einbeziehen.
Am Ende der zwei Tage herrscht beim Organisationsteam und bei den GĂ€sten der Veranstaltung Einigkeit. âEs wurde berichtet, dass die Tage kurzweilig, informativ und von praktischem Nutzen waren und neue Erkenntnisse gebracht haben. Ein gröĂeres Lob kann es fĂŒr solch ein Thema gar nicht geben", sagt Johannes Eickmann, technischer GeschĂ€ftsfĂŒhrer der WEVG. Die BeschĂ€ftigten hĂ€tten nicht nur die Inhalte, sondern auch die Möglichkeit des Austausches untereinander gelobt: "Die WEVG hat in Salzgitter vier Standorte, je nach Dienstort lĂ€uft man sich nicht so oft ĂŒber den Weg." Sicherheitsfachkraft Götz hob noch einmal das Engagement der Azubis, der BG ETEM sowie aller Beteiligten hervor: âLetztlich ist uns eine sehr gute Mischung vieler Aspekte zum Thema UV-Schutz gelungen.â
In puncto Einkauf kĂŒnftiger UV-Schutzkleidung und -brillen sind er und Nicole Möker ebenfalls einen groĂen Schritt weitergekommen: UV-Schutzkleidung und Brillen können bereits von den BeschĂ€ftigten bestellt werden. Der graue Safarihut und die Kappe mit Nackenschutz sowie zwei Varianten eines Langarmshirts mit UV-Schutz haben letztlich das Rennen gemacht. Alle KleidungsstĂŒcke werden mit dem Firmenlogo bedruckt sein. Götz ist guter Dinge, dass die BeschĂ€ftigten die Sachen auch tragen werden: âSie haben sie selbst mit ausgesucht â und ĂŒber die Notwendigkeit sind sie nach den zwei Aktionstagen jetzt auch bestens informiert.â
Annika Pabst