In einem Saal werden die Teilnehmer der Fachtagung Textil und Mode von Johannes Tichi, Werner Sperber und August Wagner begrĂĽĂźt. Sie stehen an der rechten Bildseite nebeneinander, links sitzen die Tagungsteilnehmer. Herr Wagner hat ein Mikrofon in der Hand.

Johannes Tichi, Werner Sperber und August Wagner (v.l.n.r.) begrĂĽĂźten rund 100 Teilnehmer bei der Fachtagung Textil und Mode.

Mehr als 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer begrüßte Johannes Tichi, Vorsitzender der BG ETEM-Geschäftsführung, bei der Fachtagung Ende Mai in München. Das Programm hatte der Branchenausschuss Textil und Mode unter seinen beiden Vorsitzenden Werner Sperber von der Versicherten- und August Wagner von der Arbeitgeberseite zusammengestellt.

Präventionskultur

Wie Sicherheit, Gesundheit und persönliches Wohlbefinden zusammengeführt werden können, zeigte Ines Klotz von der Norafin Industries (Germany) GmbH. Der sächsische Hersteller von technischen Vliesstoffen verdoppelte allein zwischen 2009 und 2014 die Zahl seiner Beschäftigten von 70 auf 143. Heute arbeiten mehr als 190 Menschen im Stammwerk in Mildenau.

Dieses Bild zeigt Ines Klotz. Sie ist von der Seite aufgenommen hat blonde halblange Haare und trägt eine Brille.

Ines Klotz stellte die Arbeitsschutzstrategie von Norafin Industries in Mildenau vor.

Erfolg und Wachstum brachten neue Probleme mit sich. „Der Wissenstransfer wurde zum Thema, Kommunikation und Führung komplexer“, erklärte Klotz. Das Unternehmen reagierte mit einem Programm, das unter anderem Teamtrainings, die Einrichtung von Gesundheitszirkeln und die Installation von „Kümmerern“ erfasst, die bei Problemen zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten vermitteln. Alle Beschäftigten können über ein Prämiensystem Hinweise zur Verbesserung des Arbeitsschutzes einreichen. Die Vorschläge – zum Beispiel zur Verbesserung der Ergonomie an Arbeitsplätzen – würden dann umgesetzt. Die BG ETEM zeichnete das Unternehmen dafür 2018 mit dem Präventionspreis aus.

Im Ergebnis der Maßnahmen sei es gelungen, die Kommunikation zu verbessern, eine offene Fehlerkultur zu implementieren und den Präventionsgedanken fest zu verankern.

Praktische Hilfe

Präventionsexperte Dr. Ronald Unger stellte Videos vor, die zur medialen Unterstützung der regelmäßigen Sicherheitsunterweisung genutzt werden können. Das Medienportal der BG ETEM bietet eine ganze Bandbreite von Filmen zu unterschiedlichen Themen. Dazu kommen Aktionsmedien, die Arbeitssicherheit begreifbar machen (www.aktionsmedien-bgetem.de).

Praktische Hilfe auf ganz andere Weise leistete Dr. Sylvia Hubalek. Im Rahmen eines Projekts der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) schulte die Präventionsmitarbeiterin der BG ETEM im Sommer 2018 Arbeitsschutzinspektoren in der Textilregion Punjab. „Risk Assessment“ und „Accident Investigation“ waren Themen der jeweils fünftägigen Seminare. Sie tragen dazu bei, die Arbeitsschutzstandards in Pakistan zu verbessern.

Dieses Bild zeigt zwei Models. Das weibliche Model trägt einen roten Rock mit beigen Oberteil. Sie hängt ihren Arm beim männlichen Model ein. Das männliche Model trägt eine rote Jacke mit beiger Hose. Sie führen die aktuellen Arbeiten der Münchner Maßschneiderinnen vor.

Bei einer Modenschau zeigten MĂĽnchener MaĂźschneidereien ihre aktuellen Arbeiten.

Mutterschutz

Potenzielle Gefahren für schwangere oder stillende Frauen in der Gefährdungsbeurteilung berücksichtigen, obwohl keine der weiblichen Beschäftigten schwanger ist? Was auf den ersten Blick absurd erschien, ist seit 2018 Recht und Gesetz. Seitdem schreibt das Mutterschutzgesetz vor, dass in jedem Fall zu beurteilen ist, welchen Gefährdungen Schwangere an einem Arbeitsplatz ausgesetzt sein könnten – selbst wenn gar keine Frau dort arbeitet.

Das Foto zeigt Patrick Aligbe. Er hat schüttere Haare. Er trägt an seinem rechten Ohr ein Mikrofon und gestikuliert mit seinen Händen.

Patrick Aligbe referierte zu Anforderungen des Mutterschutzgesetzes an die Unternehmen.

Patrick Aligbe, Experte für Sicherheitsrecht aus München, erläuterte die Gründe. Zum einen müssten männliche Vorgesetzte mögliche Gefahren kennen, zum anderen sollten sie Schwangeren auch dann bekannt sein, wenn sie ihre Schwangerschaft noch nicht angezeigt haben.

Diese Abbildung zeigt Klaus Schadhauser. Er hat graue Haare und trägt einen blauen Pullover. Beide Hände hält er nach oben mit erhobenen Zeigefinger.

Klaus Schadhauser demonstrierte eine Lösung zur Ergänzung der Gefährdungsbeurteilung.

Klaus Schadhauser, Osram GmbH München, demonstrierte, wie sein Unternehmen das Problem mit einer Checkliste zur Gefährdungsbeurteilung gelöst hat. Diese stellt er gern als Vorlage zur Verfügung. Seine Botschaft: „Die zusätzliche Arbeit hält sich in Grenzen.“

Schutz vor Staubexplosionen

Auch am zweiten Tag standen zunächst rechtliche Themen auf dem Programm. David Diewald von der Dekra Automobil GmbH in Koblenz erläuterte, unter welchen rechtlichen Vorgaben Unternehmer das Risiko von Staubexplosionen zu beurteilen haben. Für Produktionsräume muss sinnvollerweise versucht werden, Explosionsrisiken im Vorfeld auszuschließen, z. B. Staubansammlungen in gefährlicher Menge durch strikten Reinigungsplan vermeiden. Für das Innere der Produktionsanlage ist der Hersteller der richtige Ansprechpartner (bestimmungsgemäße Verwendung nach Herstellervorgaben).

Werner Münnich von der CWS-boco Deutschland GmbH in Dreieich erklärte die Konsequenzen der neuen PSA-Verordnung für den Textilservice. Bei der Reinigung von Persönlicher Schutzausrüstung ist eine Reihe von Vorschriften zu beachten – bis hin zur Zahl der bezüglich ihrer Wirksamkeit erlaubten Waschvorgänge. Auch bei Änderungen an der PSA – z. B. Kürzen von Hosen – sind Regeln zum Erhalt ihrer Funktionalität einzuhalten.

Unfälle und Beinaheunfälle

Martin Steiner, Fachgebietsleiter Textil und Mode der BG ETEM, demonstrierte an einigen Unfallbeispielen, welche Folgen technische Manipulationen an Sicherheitseinrichtungen haben können. In einem Fall war es eine nach der letzten Instandhaltung nicht wieder montierte Abdeckung, in einem anderen ermöglichten Flügelschrauben ein schnelles Eingreifen beim laufenden Betrieb. Die Beschäftigten erlitten jeweils schwere Handverletzungen. Steiner plädierte daher für eine Kultur der Prävention, um die Gefahren von Unfällen zu minimieren.

Wie das gelingen kann, zeigte Hans-Otto Sander von der Antolin Süddeutschland GmbH an einem Praxisbeispiel. Das Unternehmen hat ein einfaches Meldesystem installiert, um aus Beinaheunfällen lernen zu können, die sonst kaum gemeldet würden. Statt einen Bericht zu schreiben, müssen Beschäftigte lediglich einen Klebepunkt auf einen Lageplan kleben. Die Sicherheitsfachkraft oder der Sicherheitsbeauftragte nimmt sich dann der Sache an. In acht Jahren wurden 66 Beinaheunfälle gemeldet. „Vorher war es gar keiner“, stellte Sander fest.

Textile Zukunftsprodukte

Jens Mählmann vom Sächsischen Textilforschungsinstitut in Chemnitz stellte einige Möglichkeiten smarter Textilien vor. Darin werden mithilfe von optischen Fasern, Faser-Bragg-Gittern oder luminiszierenden Fasern Funktionen wie Messen, Leiten oder Leuchten integriert. Das Spektrum reicht von intelligenter PSA über die Medizin bis zum Hoch- und Tiefbau.

Konkret ermöglichen technische Funktionstextilien zum Beispiel beim Deichbau Bewehrung und Überwachung in einem. Mit sogenannten Reizstrombodys können in der medizinischen Rehabilitation Muskeln stimuliert werden. Im Straßenbau können Schallschutzwände begrünt oder durch Gewebe mit Mikroschlitzen zusätzlich schallreduzierend aufgewertet werden. Angesichts der Vielzahl an Anwendungsmöglichkeiten und einem wachsenden Markt für diese Zukunftsprodukte sieht Mählmann neue Chancen auch für kleine und mittlere Unternehmen.

Zum Abschluss der zweitägigen Veranstaltung zog Johannes Tichi eine positive Bilanz. Er dankte den Vortragenden der Fachtagung ebenso wie den anwesenden Branchenvertretern für ihre Beiträge und die engagierte Diskussion.

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